Glückliche Tage (Foto: Blanka Radoczy)

 Glückliche Tage (Foto: Florian Merdes)

 Glückliche Tage (Foto: Florian Merdes)

Glückliche Tage

„Glückliche Tage“ von Samuel Beckett

Premiere am 13.10.12 am Theater Heidelberg

Regie: Marie Bues, Ausstattung: Blanka Radoczy, Musik: Matthias Grübel, Dramaturgie: Anna Sophia Gueter

Mit: Christina Rubruck, Stefan Reck und Miriam Horwitz

Winnie sitzt beinahe statisch auf einer leeren Bühne – in Einsamkeit? In Isolation? Im zweiten Akt ist ihre Bewegungsfreiheit bereits noch eingeschränkter. Ihr Mann Willie, zu dem sie nie in körperliche Nähe tritt, bleibt stets im Hintergrund, von wo er wortkarg Winnies Redefluss kommentiert. So pendelt ihr Monolog zwischen Selbstgespräch und Anrede hin und her. Winnies Reden ist ihre Möglichkeit, sich durch den lieben langen Tag zu helfen. Die Zahl der Worte und Gegenstände, die ihr zur Verfügung stehen, ist eng begrenzt, und sie spürt die Gefahr, dass ihr beides ausgehen könnte. Dennoch lebt sie in der Überzeugung, immer wieder einen glücklichen Tag verbracht zu haben. »Oh, dies ist ein glücklicher Tag, dies wird ein glücklicher Tag gewesen sein! Trotz allem. Bislang.«
Mit Winnie in Glückliche Tage, 1961 uraufgeführt und 1971 vom Autor selbst am Berliner Schillertheater in deutscher Sprache in Szene gesetzt, hat der große irische Dramatiker Samuel Beckett eine der am meisten irritierenden Figuren der Theatergeschichte geschaffen.

Trailer: http://vimeo.com/51427349

Presse:

„Becketts 1961 in New York uraufgeführtem Zweiakter „Glückliche Tage“ warf man einst, wie allen seinen Stücken, Handlungsarmut vor. Wie gut, dass Handlung an sich heute kein Wert mehr ist. Das haben uns postdramatische Befindlichkeitstextteppiche längst bewiesen. Und hierin sahen Heidelbergs Dramaturgie und Regisseurin Marie Bues wohl auch die Legitimation, einen Klassiker des absurden Theaters auf die Zwingerbühne zu bringen. Wohltuend ist zudem, dass es mal nicht um Berliner Hipster-Nabelschau, sondern um reifere Menschen und die wirklichen Dinge des Lebens geht.

Anfang und Ende der Leiden aller Beckettschen Helden ist ihre Körperlichkeit, die sie als tiefe Irritation erfahren. Es ist eben absurd, in diesem Körper zu sein. Und „fast keine Schmerzen“ zu haben, ist dabei ab einem gewissen Alter die Hauptsache. Bemerkenswert wie heutig Christina Rubruck damit umgeht, spüren zu müssen, dass sie kein Leben mehr führt. Als große Mimin zieht sie viele Register, schwätzt, fleht, säuselt belanglos, trauert verzweifelt und trumpft sarkastisch auf.

Marie Bues hat den guten alten Stil und die wichtigen Dinge verhandelt, nah am Text und mit zwei großen Darstellern, die anfangs wie Exponate aus alten Zeiten von einer Museumsbesucherin (Miriam Horwitz) beäugt werden. Ohne Mätzchen und nah am Text hat die Regisseurin dennoch eigene Schwerpunkte gesetzt. So hangelt sich Winnie über den guten alten Schlager, die erlesenen Zeilen großer Dichter, Erinnerungen an den ersten Ball und Kuss durch die Sprachlosigkeit der Zweisamkeit. So sieht es eben (immer noch) aus des Menschen einsames „Rüsten für die Nacht“ und Winnie weiß: „Dies wird wieder ein glücklicher Tag gewesen sein! Trotz allem. Bislang.“ Mannheimer Morgen

„So scheint am Ende der gelungenen, nachdenklich stimmenden, oft auch komischen Aufführung mit überzeugenden Protagonisten (…) in allen von uns ein wenig von Winnie oder Willie – oder von beiden – zu stecken. Deshalb kommt dieser Inszenierung das Verdienst zu, in der gegenwärtigen Hochgeschwindigkeitsgesellschaft einmal kräftig auf die Bremse zu treten und den Blick auf die fundamentalen Dinge des Lebens zu lenken – die dann bald im wiedereröffneten Heidelberger Theater eine ganz neue Bühne finden werden. Starker Beifall.“
Rhein-Neckar-Zeitung