“Abschuss” und “Wir sind nach dem Sturm” eingeladen zum Heidelberger Stückemarkt

“Abschuss” , Uraufführung von Özlem Özgül Dündar, Theater Heidelberg

Ein Vogel? Ein Fuchs? Eine Sternschnuppe? Was soll das überhaupt sein? Besser schnell abballern. Und dann alles vergessen im Rausch des seltsamen Saftes, der zäh von der Decke tropft. Autorin Özlem Özgül Dündar erfindet in »Abschuss« eine Welt der Widersprüche: Extreme körperliche Zustände voll Sehnsucht, Exzess, Einsamkeit verzehren ihre Figuren. Die Grenze zwischen Mensch und Mensch – oder dem, was von den Menschen noch übrig ist – ist unüberwindlich. Sprache und Körper kreisen wie besessen um die Angst, allein zu sein und allein zu  bleiben. Worte suchen nach Verbindung, scheiben sich unerbittlich in die Körper ein. Doch jenseits der Sprache wartet eine betonharte Welt unterm Raketenabwehrsystem, in der Überleben bedeutet, schneller abzudrücken als das unbekannte Ding da draußen, das jederzeit angreifen könnte.

Özlem Özgül Dündar, 1983 in Solingen geboren, schreibt Lyrik, Prosa, szenische Texte, Essays und performt mit ihren Kollektiven Kanak Attak Leipzig sowie dem Ministerium für Mitgefühl. Ihr Stück »türken, feuer« wurde als Hörspiel des Jahres 2020 ausgezeichnet. 2022 kommt der Monolog »Mädchenschrift« für das Junge Schauspielhaus Bochum zur Uraufführung.

»Abschuss« wurde am Theater Heidelberg  uraufgeführt im Rahmen von Remmidemmi. Das Widerstandsfestival und war  am 7., 8. und 9. Oktober 2022 zu sehen. Im Rahmen des Heidelberger Stückemarkts wieder zu sehen am 29.4. und 1.5. um 17h.

Regie: Marie Bues und Niko Eleftheriadis, Bühne: Indra Nauck, Kostüme Fleur Ummels, Musik und Sounddesign: Friedrich Stockmeier, Dramaturgie: Maria Schneider, Mit: Barbara Behrendt, Lydia Lehmann, Friedrich Witte

 

Wir sind nach dem Sturm”, Uraufführung von Kevin Rittberger, Schauspiel Hannover

Eine kleine Erfindung mit großer Wirkung: Der Hannoveraner Wilhelm August Julius Albert entwickelte 1834 ein Seil, das die Welt verändern sollte. Robuster als alle Stränge zuvor, erlaubte die bald als Drahtseil bekannte Erfindung den sicheren Abstieg in die tiefsten Tiefen der Erde. Unten angekommen, entdeckte die Menschheit Bodenschätze in ungeahnter Fülle. Kostbar, wehrlos und bereit zur Plünderung. Doch welche Konsequenzen zieht dieses Aushöhlen der Natur heute nach sich?

In Kevin Rittbergers neuem Stück tritt der Erfinder des Drahtseils selbst als Figur in Erscheinung und fragt zu Beginn: »Wie gelangen wir sicher ins Innere? Und wieder hinaus, ohne den Halt zu verlieren?« Mit dem Aufbruch ins Innere ist ein Risiko verbunden, nicht nur für die Bergleute des 19. Jahrhunderts, sondern auch für die Menschen der Gegenwart und ihr eigenes Inneres. Was liegt dort alles vergraben und will unbedingt aufgebrochen werden, um an die Oberfläche zu gelangen? Der Text räumt mit vielen Dingen auf: Kolonialdenkmäler werden zum Einsturz gebracht, und der Raubbau, die Ausbeutung der Weltschätze, steht immer auch für den Raubbau an der eigenen Existenz.

Regie: Marie Bues, Bühne: Shahrzad Rahmani, Kostüme: Moran Sanderovich, Musik: Johannes Frick, Video: Camille Lacadee, Dramaturgie: Mcihael Letmathe, Mit: Johannes Frick, Birte Leest, Lukas Holzhausen, Alrun Hofert, Irene Kugler, Nicolas Matthews

Auch in Hannover weiter im Spielplan:

https://staatstheater-hannover.de/de_DE/programm-schauspiel/wir-sind-nach-dem-sturm.1326713