Der Hund des alten Mannes
“Der Hund des alten Mannes” von Oliver Kluck
Premiere: 08.05.14, Theater Rampe Stuttgart
Regie: Marie Bues
Ausstattung: Indra Nauck
Dramaturgie: Martina Grohmann
Regieassistenz: Leonie Liebler
Mit: Niko Eleftheriadis, Stefan Wancura, Monika Wiedemer
Ankündigung
[.. Schon immer habe Susanne Klatten das Bahnhofshotel auf eine besondere Weise geschätzt. Es sei für die von allen Erkannte ein außergewöhnlicher Ort. Ein Ort, an dem sie, fern aller Zwänge, die das Leben als Fabrikantentochter mit sich führt, ganz und gar unerkannt für sich sein kann ..]
Die Freude an der Betrachtung. Sich gerade nicht dem Markt entziehen, wie zuvor sooft versucht, sondern erst recht dabei sein wollen. Bedingungslose Anteilnahme. Dienen. Erste Verabredung im Sommer 13. Mehrmonatige Vertragsverhandlungen zwischen Theater und Verlag. Ergebnis. Auftragshonorar irgendetwas bei 4 tsd. Euro für ein so genanntes abendfüllendes Theaterstück zur exklusiven Uraufführung. Hier bei uns am Haus. Konzeptionsgespräch Inhalt. Wohnzimmer Bar, Lettestraße 6. Schankbeleg. Quittung. Konzeption Bühne im Januar 14. Auswahl Schauspieler. Verpflichtung. Verträge. Ende Januar Zahlungseingang der ersten Rate auf dem Konto des Verlages. Anfang Februar Anfrage zum Inhalt des Stoffes. Ankündigungstexte. Werbemaßnahmen. Erwartung. Zusammenfassung. Inhalt. Letzte Februarwoche Beginn der Schreibarbeiten, erste Skizzen. Monatelang hatte ich mich wie ein Kind geärgert, fand ich keinen Weg aus der Verweigerung. Plötzlich geht alles wie von alleine. Erster März Ablieferungstermin. Erneute Verweigerung. Rückfall. Entzug. Zutreffend und richtig. Auf der Seite des Theater Rampe wird etwas zum Aufstieg und Erreichen der Fallhöhe angekündigt. Die Dramaturgin Grohmann schreibt, um den Verkaufswert, das Theater, Karriere und Krise solle es gehen. Damit bin ich absolut einverstanden. Ab sofort. Nur noch einverstanden sein wollen. Überwindung von Trotz und Stolz. Erniedrigung. Auslöschung. Vertragsgerechte Ablieferung des Textes Anfang März. Zeitgleich. Beginn der Schreibarbeiten, verfassen von ersten Kapiteln. Ausbau der Stoffsammlung. Anfertigung weiterer Skizzen. Vollzug. Ausführung.
Presse:
http://www.nachtkritik.de/index.php?option=com_content&view=article&id=9497:der-hund-des-alten-mannes-noliver-kluck-neues-stueck-als-quirliger-shitstorm-von-marie-bues-am-stuttgarter-theater-rampe-uraufgefuehrt&catid=38:die-nachtkritik&Itemid=40
Lea Melcher schreibt in den Stuttgarter Nachrichten zu
Oliver Klucks ‚Der Hund des Alten Mannes‘ im Theater Rampe:
‚So von Brecht zu Hund‘
„Es riecht nach Sauerkraut. Während Martina Wiedemer im hinteren Bereich der Bühne singt, hockt Niko Eleftheriadis unter ihrem wallenden Prinzessinnenrock und bewegt ihn zu ihren Gesten passend. Vorne, direkt vor der ersten Reihe, sitzt Stefan Wancura und isst mit Fingern Sauerkraut aus einer Dose. Immer wieder seufzt er genießerisch und bietet dem Publikum die Dose an.
Was wirkt, wie der letzte absurde Einfall der Werbebranche, ist in Wahrheit die Uraufführung von Oliver Klucks Theaterstück ‚Der Hund des Alten Mannes‘ am Donnerstag im Theater Rampe.
Obwohl man mit dieser Assoziation gar nicht mal falsch liegt: Die drei Schauspieler wechseln zwischen Werbeträgern, die in Turnanzügen zu Madonnas ‚Hung Up‘ tanzen, zu jovialen Großunternehmern oder Fabrikarbeitern, die mit monotoner Stimme von Missbehandlung und Unmenschlichkeit in ihren Betrieben erzählen.
Das Stück des 1980 auf der Insel Rügen geborenen Autors kommt ohne eine strukturierte Handlung aus. In fließenden Übergängen äußern die Schauspieler Gedanken über Kapitalismus, Integrität und das Theater an sich – mal scheinbar ans Publikum gerichtet, mal wenden sie sich an Persönlichkeiten wie Bertolt Brecht, Ferdinand Porsche oder Wolfgang Joop.
Immer wieder treten die Schauspieler als Hund auf, hechelnd und winselnd oder wenn sie sich Hundemasken vor das Gesicht halten und Bertolt Brecht adressieren, ’so von Brecht zu Hund‘. Als ein Hund sich schließlich aufrichtet, um eine Rede zu halten, darf eine kurze Hitler-Einlage bei einer solch vollkommenen Abrechnung mit der deutschen Heuchelei nicht fehlen.
Und Oliver Kluck rechnet mit allem ab, was er zu fassen bekommt – Kapitalisten, Schriftsteller, Theatermacher: ‚diese Größenwahnsinnigen. Diese Opportunisten. Diese Applausklatscher. Diese Massenbespaßer. Diese Verkäufer vieler Karten.‘
Scheinbar unendlich ziehen sich die Assoziationsketten hin. Jede Alternative scheint schlechter als die vorherige, die einem doch so treffend erschien. Daher ist an keinem Punkt eine Identifikation mit dem Vorgetragenen möglich – höchstens eine Betroffenheit. Und eine Faszination.
Als schließlich noch ein leeres Gurkenglas der Firma Hengstenberg herumgereicht wird, um Geld für die Assistentin zu sammeln, die man – in bester Großunternehmer-Manier – leider, leider nicht bezahlen könne, erreicht die Darstellung genialischen Charakter.
Regisseurin Marie Bues gelingt es, eine komplexe Textgrundlage in eine starke und häufig ironische Inszenierung zu verwandeln, die vor Details nur so strotzt. Begeisterung – selbst, wenn man letzten Endes zum Hund gemacht wird.“